Meerschaum

Meerschaum ist wohl einer der bekanntesten Rohstoffe neben dem Bruyère. Bei Meerschaum denkt man an Naturgewalten, Sturm und Gischt – nur mit diesen Dingen hat er nichts zu tun. Der Name des weißlichen, manchmal auch gelblich bis gräulich getönten Minerals ist weder auf das Meer, noch auf den Schaum zurückzuführen. Die Bezeichnung leitet sich aus der laventinischen Handelsbezeichnung Mertscavon ab. Die österreichischen Händler, die seinerzeit den Meerschaummarkt kontrollierten, verdeutschten das unaussprechliche Wort und Meerschaum wurde unverändert in alle europäischen Sprachen aufgenommen. Die erdgeschichtliche Herkunft des Meerschaums ist nicht restlos geklärt. Es handelt sich um ein Magnesiumsilikat, zusammengesetzt aus 63,3 % Kieselerde, 27,4 % Bittererde und 9,3 % Wasser.

Ein deutscher Mineraloge wies Mitte des 19. Jahrhunderts nach, dass Meerschaum aus Ablagerungen fossiler Muscheln und Fischknorpeln entstanden sei und gab ihm den Namen Sepiolith (Sepia=Tintenfisch). Türkische Mineralogen hingegen vertreten folgende Theorie: der Fluss Sakarija hat mehrmals sein Bett gewechselt, und unweit des heutigen Dorfes Killtischik hemmte magnesiumhaltiges Gestein seinen Lauf. Dieses Hindernis wurde im Laufe der Jahrtausende abgetragen und verband sich im Flussbett mit Kalkschlamm. Diese Sinkstoffe lagerten sich an Stellen mit träger Strömung allmählich ab. Spätere Erdrutsche überlagerten diesen Mineralschlamm und härteten ihn in Jahrmillionen, wodurch der Meerschaum seine heutige Konsistenz erhielt. In Anatolien, nahe der Stadt Eskeshir unweit von Ankara, wird der Meerschaum in Knollenform bergmännisch abgebaut.

Vor dem Trocknen ist die Meerschaumknolle wachsweich und fühlt sich fettig an. Durch die Berührung mit Wasser schäumt sie wie Seife und wurde deshalb schon von den Griechen für Reinigungszwecke verwendet. Zur Pfeifenherstellung eignet sich diese Knolle ausgezeichnet, da sie leicht zu bearbeiten und wegen der porösen Struktur sehr saugfähig ist.

Früher war Wien die Metropole der Meerschaumpfeifenerzeugung, wer kennt nicht die Namen Andreas Bauer, Leopold Weiss und Strambach.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Türkei haben dazu geführt, dass Meerschaum nicht mehr als Rohrmaterial exportiert werden darf. Er muss in türkischen Werkstätten zu Pfeifen oder Schmuck verarbeitet werden. Nur sogenannte Halbfabrikate dürfen das Land verlassen, um in anderen Ländern mit einem Mundstück versehen und poliert zu werden.

Fehlerhafte Stücke werden an Fabriken weiterverkauft, die aus gemahlenen Meerschaumresten, Kalk und Bindemittel Pressmeerschaumpfeifen (Massa-Meerschaum oder auch Wiener-Meerschaum genannt ) herstellen.

Es wird nicht nur in der Türkei Meerschaum abgebaut, sondern auch in Tansania/Afrika. Dieser ist als Amboseli-Meerschaum bekannt und einige Millionen Jahre jünger als sein türkischer Verwandter. Amboseli-Meerschaum ist schwerer und meist gröber strukturiert und hat eine graue Tönung.